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Auto versus Fahrrad. Wer emittiert mehr CO2?

Die Rechnung scheint zu Beginn völlig klar: Radfahren schont die Umwelt. Logisch, oder. Wer aufs Auto verzichtet und aufs Rad steigt, trainiert nicht nur den Körper, sondern reduziert auch die weltweiten CO2-Emissionen. Stimmt das wirklich ?

Es kommt drauf an.

Ein Neuwagen in Deutschland darf ab 2020 nur noch maximal 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen, also 9500 Gramm (= 9,5 Kilogramm) pro 100 Kilometer.

Um mit einem Fahrrad 100 Kilometer zu fahren, benötigt man ca. 450 Kcal pro Stunde, wenn man mit ca 20 km/h unterwegs ist. Mit dieser Geschwindigkeit ist man nach 5 Stunden dann 100 Kilometer weit gefahren, hat also 450Kcal * 5 verbraucht, also 2250 Kcal.

Angenommen, ein Fahrradfahrer würde sich mit Rindfleisch ernähren, um die benötigte Energiezufuhr für diese 100 Kilometer weite Distanz zu erhalten, dann muss man wissen, dass die Produktion von einem Kilo Rindfleisch 36 Kilogramm CO2 in die Umwelt emittiert (Stand 2007, weiter unten werden wir mit einem geringeren Wert rechnen).

Ein Rindersteak liefert pro Kilogramm Fleisch 1570 Kcal an Energie, benötigt werden aber 2250 Kcal. Dies entspricht 1,43 Kilogramm Rindfleisch, deren Herstellung 51,48 Kilogramm CO2 in die Umwelt emittiert.

Auf 100 Kilometer emittiert also ein Fahrradfahrer, der mit ca. 20 km/h fährt und sich für diese Fahrt mit Rindfleisch ernährt, ca. 51,5 Kilogramm CO2 in die Umwelt, ein Auto 9,5 Kilogramm.

Klar, wenn ein Vegetarier 100 Kilometer radelt, wird die CO2-Bilanz sicher besser, oder wenn er nur einen kleinen Rinderbraten isst und den Rest des Energiebedarfs vegetarisch deckt. Aber die Vorstellung, dass ein Fahrradfahrer a priori weniger CO2 emittiert als ein Auto, lässt sich nicht uneingeschränkt halten. Wenn man dann noch annimmt, dass ein Auto mit 4 Personen bestückt ist, kann man die 9,5 Kilogramm CO2 des Autos noch durch 4 teilen, sodass ein Passagier eines solchen Autos dann 2,37 Kilogramm CO2 pro 100 Kilometer verbraucht, ein Fahrradfahrer dann aber eben knapp 52 Kilogramm CO2.

Einer Auflistung des SWR nach bewirkt die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch nicht, wie im oben verlinkten Artikel des SPIEGEL aus dem Jahre 2007, 36 Kilogramm CO2, sondern „nur“ 13 Kilogramm CO2-Äquivalente, also etwa ein Drittel des Wertes, mit dem ich oben gerechnet habe. Demnach würde besagter Fahrradfahrer nicht 51,5 Kilogramm CO2 in die Umwelt emittieren, wenn er 100 Kilometer fährt, sondern „nur“ 18,6 Kilogramm CO2-Äquivalente. Ein Auto, wie schon gesagt: 9,5 Kilogramm CO2, oder auf 4 Insassen verteilt, knapp 2,4 Kilogramm CO2 pro Person.

Wenn man auf Käse ausweicht, statt auf Rindfleisch, werden übrigens pro Kilogramm Käse für die Produktion 8,5 Kilogramm CO2 in die Umwelt emittiert, bei Butter sind es sogar (noch mehr, als bei Rindfleisch) bis zu 24 Kilogramm CO2. Einzig bei Gemüse entsteht sehr wenig CO2, nämlich 0,15 Kilogramm CO2-Äquivalente, bei Tomaten sind es 0,3 Kilogramm.

Wenn der Radfahrer also rein vegetarisch fährt, sieht die CO2-Bilanz besser aus. Angenommen, er isst nur Tomaten auf seiner Fahrt. 1 Kilogramm Tomaten liefern 180 Kcal. Für seine 2250 für die Fahrt benötigten Kcal bräuchte er also 12,5 Kilogramm Tomaten, die ihrerseits dann 3,75 Kilogramm CO2-Äquivalente in die Umwelt emittieren würden. Ein mit 2 Insassen besetztes Auto würde 4,5 Kilogramm CO2 emittieren, hier wäre der Radfahrer also in der Klimabilanz ein wenig besser, müsste aber einen Anhänger für seine 12,5 Kilogramm Tomaten nach sich ziehen. Ab drei Insassen wäre dann die CO2-Bilanz des Autos mit 3,16 Kilogramm CO2 Emissionen auf die 100 gefahrenen Kilometer wieder besser fürs Klima.

Fazit: Radfahren ist gesund. Aber zur CO2-Reduktion im Vergleich zum Auto ist es vordergründig nur bedingt geeignet.

Nachtrag. Die Atmung des Menschen, sowohl des Autofahrers wie auch des Fahrradfahrers, muss in Bezug auf die CO2-Emission nicht berücksichtigt werden, da es sich hierbei um einen natürlichen Kreislauf handelt.

Hintergründig allerdings ist dieses Ergebnis mehr theoretischer Natur, weil der CO2 Verbrauch, der bei der Herstellung eines Autos oder Fahrrads anfällt, in dieser Rechnung nicht enthalten ist. Würde man auch diesen CO2 Verbrauch einbeziehen, dürfte das Ergebnis für das Fahrrad sprechen. Unter folgendem Link kann man sich den CO2 Verbrauch einmal ausrechnen lassen, jeweils für eine Person. Wäre das Auto dann eben mit vier oder fünf Personen berechnet, müsste man eben selbst umrechnen. Weitere Angaben zum Thema findet man auch hier beim Umweltbundesamt.

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15 Kommentare

  1. Paninero

    Hm, interessantes Thema. Ich versuche mich auch gerade schlau zu machen, wie ich nachhaltiger leben kann und wo ich am ehesten als Privatmensch ansetzen kann.
    Zum Beitrag: und der Veganer ernährt sich von Soja. Dafür wurde und wird (Soja gilt als zukunftsträchtig wie Palmöl, las ich neulich) in Südostasien oder anderswo Wald gerodet, Wald, der allerhand CO2 geschluckt hat. Nu isser weg … Und Soja muss von Asien, Amerika oder wo es auch immer produziert wird, ja auch erstmal nach Deutschland kommen. Und wie viel CO2 wird freigesetzt, bis Soja verzehrt werden kann. In vielen veganen Produkten stecken hoch verarbeitete Bestandteile. Und wenn wir dann noch den Wasserverbrauch berechnen … nuckeln wir Gutmenschen demnächst nur noch Grashalme.

      • Paninero

        Das ist der Punkt, an dem ich oft scheitere. Als Laie und Nichtwissenschaftler muss man sich auf die Zahlen verlassen, die man findet. Oft wird nur der Schadstoffausstoß des fertigen Produkts betrachtet und kritisiert, aber die Einzelbestandteile nicht und wie sie hergekommen sind und wie viel Schadstoffe entstanden sind, Wasser usw. die Verarbeitung und der Transport gekostet hat. Heute las ich im Netz, dass die E-Roller aus viel Aluminium bestehen. Die Rohstoffe, aus denen Alu besteht, und deren Verarbeitung hinterlassen einen riesigen ökologischen Fußabdruck wie auch die Förderung und Verarbeitung der seltenen Erden, Lithium, die für die Akkuherstellung benötigt werden … Und dann halten die Leihgeräte vermutlich maximal ein Jahr! Wenn überhaupt … Wenn die „Altmetall“-Mafia da nicht auch noch ein Geschäft wittert, die abgestellten Roller einfach mitnimmt und ausschlachtet, um die Metalle zu verhökern.

      • theolounge.blog

        Die E-Scooter sind schon sehr cool, finde ich, aber ich vermute auch, dass insgesamten mehr Energie verbraucht wird, als wenn es sie nicht gäbe. Unabhängig davon, was du dann auch in Bezug auf das Metall erzählst. Am ökologischsten wäre es wohl, in der Stadt zu Fuß zu gehen. Und am gesündesten.

      • Paninero

        Vermutlich. Die ersten Forschungen besagen, dass vorwiegend eben nicht der E-Roller gegen Auto oder ÖPNV getauscht wurde, sondern meist nur bis zu 2000 m gefahren wurde, was man vorher zu Fuß gegangen ist.
        Cool find ich die Dinger auch. Ich gehöre aber nicht zur Zielgruppe und habe zu viel Respekt vor der möglichen Geschwindigkeit und man muss ja in Innenstädten immer damit rechnen, dass plötzlich ’ne Katze von rechts kommt oder jemand einen Ausfallschritt macht. – Rums, da liegt sie! 😉

  2. mikesch1234

    Das ist, finde ich, eine Milchmädchenrechnung.

    Sich ernähren, Essen muss ja auch der Autofahrer! Auch miteinberechnet …? NEE! nee??

    Jeden Urlaub bin ich auf dem Rad. Deswegen fange ich nicht an zu fressen 😉 ich ernähre mich ganz normal weiter, esse etwas mehr als sonst, und bringe trotzdem die Energie in die Pedalen 🙂

  3. smallfilou

    Wunderbare Theorie.
    Aber sie funktionniert auch nur, wenn Fahrer und Passagiere im Auto nicht… atmen! Schade!
    Ein „normaler“ Radfahrer verbraucht nämlich auch „nur“ 2 Mal so viel Energie wie jemand, der im Sofa sitzt… Und noch, bei 20km/h auf ebener Fahrbahn bestimmt nicht mal soviel…
    Und wer ernährt sich bitte zu 100% aus Rindfleisch? Ich bin fasziniert, wie man genau das Gegenteil der Realität in ein paar Sätzen „zu Beweiss“ stellen kann…
    Und wenn der Typ im Wagen zum Fitnesszentrum gefahren ist, dann wird die Sache lustig… 🙂

    • theolounge.blog

      Das Atmen zählt bei beiden nicht mit zum CO2 Ausstoß dazu, habe ich doch oben geschrieben. Außerdem habe ich auch geschrieben, dass man das Ganze natürlich genauso mit Tomaten durchrechnen könnte.
      Was ich allerdings nicht beschrieben habe, ist, wieviel CO2 für die Herstellung eines Fahrrads oder Autos benötigt wird. Hier dürfte das Auto natürlich weitaus mehr CO2 verbrauchen.

  4. Florian Landwehr

    Die meisten Autos sind leider nur von 1 Person besetzt im Schnitt 1,5 Personen. Dann fehlen die Emissionen die zur Herstellung des Kraftstoffes anfallen.
    Diese Rechnung strotzt nur vor Fehlern.

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